Zwischendruch mal schnell gelesen:
- Ulrich Tukur: „Die Spieluhr“ – eine Novelle“. Ja genau, eben jener Tukur, den man als Schauspieler schätzt, hat dieses schmale, sehr schöne gestaltete Bändchen geschrieben. Sein Beruf dürfte ihn zu dem Text inspiriert haben, in dem Menschen immer wieder durch Leinwände in andere Realitäten wechseln. Wobei Leinwände hier tatsächlich alte Gemälde sind. Und nicht wie bei Woody Allen Filmleinwände (Purpel Rose of Kairo). Auch ein zweiter Woody Allen-Film drängt sich zum Vergleich auf: Midnight in Paris – in dem der Protagonist vor lauter nostalgischer Sehnsucht eine Zeitreise ins Paris der 20er vollzieht. Und wenn ich dabei bin, dann auch gleich noch der Vergleich mit Motiven und der Sprache von E.T.A. Hoffmann. Das Schwelgen in schöner Sprache ist Tukurs Ziel und sein Weg dahin ist ein Fest der Adjektive. Passagenweise kommt fast kein Substantiv ohne Adjektiv daher. Da ist ein Leinenkleid zerschlissen und ein Korb geflochten (was sonst?), eine Bank hölzern, eine Linde riesig und ein Blätterdach dicht etc. pp. In der eigentlich beschaulichen Geschichte überschlagen sich die Ereignisse, zumindest sprachlich, denn nichts passiert langsam und gemählich, sondern plötzlich, sofort, mit einem Mal, oder abrupt. Kurz: Tukur trägt dick auf, pastöse Schichten formen seine Sprachlandschaft. Schon allein der Name des zentralen Ortes: Schloss Montrague. Oder eben „Mon trague“, man soll wohl an „Meine Tragödie“ oder so denken. Der Text spielt zur Zeit der französischen Revolution, kurz vor dem ersten Weltkrieg, am Ende des zweiten und heute. Gereist wird in andere Realitäten und Zeiten und zwar gleich durch mehrere Bilder und beim Überfahren einer kleinen Brücke und reisen tun gleich mehrere Personen. Das ganz ist für meinen Geschmack überfrachtet, hätte gewonnen, wenn die Geschichte den einen oder anderen Haken weniger schlagen und nicht in diesen all zu klischeehaften Zeiten spielen würde. Eine Leseempfehlung will ich mal keine geben. Glaube aber, dass ich mal wieder in den alten E.T.A. Hoffmann reinschauen werde.
- Wolf Haas: Brennerova / Als alter Haas-Fan kam ich um das Buch nicht herum. Wer Haas mag, wird auch diesen Text mögen. Brenner ermittelt diesmal in Wien und Russland und in der Mongolei. Die Geschichte schlägt mal wieder wilde Haken und auch wenn Haas gelegentlich dick aufträgt, man verzeiht es ihm gern, führt er die Fäden doch alle am Ende wieder zusammen. Längst nicht so, wie der Brenner und der Leser sich das gedacht haben. Aber zusammengeführt wird. Und zu schmunzeln gibts unterwegs einiges.