Ausgelesen: Verena Güntner „Es bringen“

Ist der pubertierende Luis eine komplexe, gar vielschichtige Figur? Weil er säuft UND über Sterne nachdenkt? Weil er Fickwetten abschließt UND ein Pony mag?  Nö. Er ist ein erstaunicher Nullchecker, der einzige, der im ganzen Buch nichts kapiert. Sein völlig verzerrtes Weltbild hat er mit viel Energie aufgebaut und muss es mit noch mehr Energie mühsam erhalten. Und das kostet schon wahnsinnig (!) viel Einbildungskraft, denn um ihn herum ändert sich alles:

  • der väterliche Freund stirbt
  • seine Mutter treibt es mit dem besten Freund
  • er wird zum Boss der Gang
  •  seine Freundin machts mit dem dicken Looser
  • das Pony wird abtransportiert

In einem hochtrabenden Gedankengang fielen mir Parallelen zu Don Quijote ein. Der hat sich auch eine Welt imaginiert, in der er allein gegen alles kämpfte. Während bei Don Quijote die alte Adelswelt unterging, geht bei Luis die Pupertät zu ende. Im Unterschied zum Don rafft er es aber bis zum Schluss nicht. Der Luis von der traurigen Gestalt, der Don Quijote de la Plattenbauten.

Auf ne Art ist es bemerkenswert, wie die Autorin das ganze Buch über aus der Innenperspektive dieser kaputten Figur erzählt. Das muss man sich erst mal selbst zumuten.

Der Text will provozieren. Zum einen durch krasse Sprache – ficken, kotzen, pissen. Und durch krasse Motive. Zum Beispiel die inzestuöse Beziehung, auch, wenn diese nur imaginiert ist, ein rein ödipales Wunschdenken. Und die Fickwetten und die Pisswetten und all der Kram. Den tatsächlich bewegt sich die provozierte Aufregung des Lesers genau auf diesem Niveau: das ist doch alles nur Kram und Krempel. Nach einer Weile ist man vom Text genauso angeödet, wie Luis von seinem Leben.

An dem Punkt angekommen wünscht man sich, dass der Depp es wenigstens einmal raffen würde. Und zum Beispiel die Chance ergreift, die sich ihm durch das unmotiviert in den Text eingebaute alternative Patchouli-Hippie bietet. Aber, nein, er rafft es nicht, er bringt es  nicht, er ist einfach zu blöde.

Für wen eigentlich soll dieses Buch geschrieben sein? Letztlich für niemanden, denn es bringts einfach nicht.

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