Ein ganz ganz übles Machwerk. Unter dem Deckmantel einer moralisch erbaulichen Geschichte präsentiert uns der Autor einen zu tiefst asozialen Menschenfeind als einen Helden, der verehrungswürdige gut Taten an seinen Mitmenschen ausübt. Ein derart üble Verdrehung der Realität findet man sonst nur noch in Diktaturen, die alles glattbügeln und zu ihrem Zweck umdeuten.
Meine Empfehlung: Finger weg!
Es geht um einen Analytiker aus der Londoner Finanzszene, der ein Prognosemodell in nie dagewesener Qualität schreibt. Was ist das besondere daran? Es bezieht „den menschlichen Faktor“ mit ein. Womit wohl Angst, Herdentrieb oder was auch immer gemeint ist, der Autor bleibt da schwammig. Der Chef seiner Bank wird schnell auf ihn aufmerksam und uns beschrieben, wie die jüdischen Bankiers im Stürmer beschrieben wurden. Aber daram soll sich der Leser nicht stören, das wird einem nur untergejubelt. Dieser Chef also, nötigt dem Analytiker ab, eine zweite Version des Programms zu schreiben, die nicht der Finanzanalyse dient, sondern der Vorhersage der Zukunft der Menschheit. Eines Tages scheint das Finanzanalyseprogramm zu versagen und seine Bank scheint den Bach runter zu gehen, da verliert der junge Analyst die Nerven und flieht ans Ende der Welt – in eine allerliebt idyllisches Fischerdörfchen in Cornwall. Rosamunde Pilcher-Kitsch. Kurz darauf bricht eine Grippepandemie aus und zwar in bislang unbekanntem Ausmaß. Was der Held als erstes bemerkt, dank seinem tollen Programm Es beschließt sein Erspartes für Hamsterkäufe einzusetzen. Mit der Hilfe der Dorfbewohner wird das umgesetzt und das Dorf mittels Straßensperren von der Umwelt abgeschnitten. Was wir nicht erfahren: die Katastrophen, die sich draußen abspielen. Nur zweimal dringt jemand aus der Außenwelt ins Dorf ein – nachts, keine Personen, sondern gesichtslose und gewalttätige Diebe für die niemand Verständnis hat. Dabei ringen die nur ums blanke Überleben, das ist dem Autor aber keine Zeile wert. Stattdessen wird Dorfidylle zelebriert bis hinzu einem kitschigen Weihnachtsfest und einem Wiedersehen mit seinem ollen Chef, der auf einer Luxusjacht auftaucht. Am Ende bekommt der Held trotz vieler Bemühungen nicht die Frau ab, auf die er rattig scharf ist, die Frau des Pfarres. Was sollst, schnappt er sich halt ein anderes Betthaserl und segelt mit dem der Sonne entgegen.
Tja, der Held wird allen Ernstes als jemand dargestellt, der aus sozialer Verantwortung heraus handelt. Stimmt schon, dank ihm geht es den Dorfbewohnern recht passabel. Nur das Bier geht irgendwann zu Neige. Schade aber auch. Welche Konsequenzen dieses vermeintlich soziale Verhalten hat, wird ausgeblendet. Dabei verrecken draußen, außerhalb des Dorfes viel mehr Menschen wegen a) dem Umstand, das sie nicht gewarnt wurden, b) dem Umstand, dass die Dorfbewohner ganze Supermärkte wie Heuschrecken abgrasen und damit nichts mehr für Nicht-Dorfbewohner verfügbar ist. Etc. Etc.
Würde ein Zehntklässler in der Erörterung so einen Flachschiss schreiben, er bekäme eine 5. Ein glattes „ungenügend“. Das bekommt auch dieses Buch von mir und kommt damit noch gut.