Principessa (13)

Lieber Onkel Onofried,

selbst wenn du mich besuchen wolltest, nun geht es nicht mehr. Die Stadtoberen haben aus Gründen der öffentlichen Sicherheit beschlossen, die Verbindungen zur Außenwelt zu kappen. Das ist auch gut so. Denn die Einwohner der Stadt sind in ihrem zügellosen Treiben nicht mehr zu bremsen. Und die Kunde von der Principessa ist natürlich in alle Himmelsrichtungen gedrungen. Von überall her wollten nun weitere Begeisterte zu uns kommen, um einen Blick auf SIE zu erhaschen.

Wenn dem nicht von vorne herein und unerbittlich Einhalt geboten worden wäre, dann hätte hier niemand mehr in dem Gedränge für die Sicherheit der Leute und vor allen Dingen für IHR Wohlbefinden garantierten können.

Deshalb wurde nun beschlossen, gelbe Linien an den Bahnsteigen anzubringen, die nicht überschritten werden dürfen. Einfahrende Züge kann man also nicht mehr verlassen und muss weiter fahren. Man kann in die Züge zwar nun auch nicht mehr einsteigen, das will aber sowieso niemand, wer wollte die Stadt in diesen Tage freiwillig verlassen?

Kaum wurde die Maßnahme erlassen, wucherten die Bahngleise zu.

 

 

 

 

 

 

 

Auch der Busverkehr mit der Außenwelt kam zum Erliegen, die Ticketautomaten wurden außer Betrieb genommen.

Doch du kannst dir denken, dass sich die Leutchen in den umliegenden Städten in ihrer Begeisterung kaum einschränken lassen. Sie feiern einfach bei sich zuhause. Dabei kommt es zu teilweise wüsten Exzessen. Es wurde mir berichtet, dass in einem Nachbarstädtchen die Feierlichkeiten ausarteten, derart, dass seither ein alter Kirchturm einzustürzen droht.

Darüber können wir hier nur die Köpfe schütteln und haben keinerlei Verständnis dafür. Unser Turm ist schon vor zwei Tagen in sich zusammen gebrochen.

Dein braver Vettter Franz

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