Die d15 sucht den Austausch mit dem Publikum. Nun denn!
Wie mich euren Diletantissmus ankotzt!
Kunst darf ruhig auch was mit Kunstfertigkeit zu tun haben. Es schadet nichts, wenn man lernt, wie man mit dem Material umgeht, aus dem man ein Kunstwerk schaffen möchte. Es schadet nichts, wenn man den Umgang mit dem Material übt und verbessert und wenn man sich – tja – Mühe gibt. Das Publikum weiß das zu schätzen.
Ach ja, wenn man mit einem Freund unterwegs ist, dann verzeiht man dem ja einiges. Wohl deshalb nennen sich die Kunstvermittler lieber Sombat = Freund. Eine von denen hat mich erwischt und konnte auch tatsächlich nichts vermitteln. Da in der Stellenbeschreibung ja auch nicht von Kunstvermittlung die Rede war, entsprech sie voll den Anforderungen. Kunst zu vermitteln ist ja soooo arrogant, da stapfen wir lieber durch die Ausstellung und plappern sinnfreie Worthülsen nach. Aber zahlen darf man für diese erkaufte Freundschaft auf Zeit schon und nicht mal wenig.
Wie mich eure verspießerte Körperfeindlichkeit ankotzt!
Kunst hat sich stets auch mit dem menschlichen Körper auseinandergesetzt. Das scheint eine überflüssige Tradition zu sein. Die d15 ist über weite Strecken körperlos. Und Sex/Erotik wird fast komplett ausgeblendet. Die Prüderie feiert Urstände.
Wie mich eure Ignoranz ankotzt!
Im Hübnerareal wird es am deutlichsten: die Künstler missbrauchen den Ausstellungsort. Die Relikte der Industriekultur werden als exotische Versatzstücke einer untergegangenen Kultur missbraucht, zu Dekoelementen degradiert. Was für eine provokante Umkehrung: nicht mehr die ehemaligen Kolonien werden von den Kolonialstaaten als Bühne ihrer Vorstellungen missbraucht, sondern umgekehrt.
Kann man machen, braucht sich aber nicht zu wundern, wenn das zu einer emotionalen Gegenreaktion führt. Aber die ist ja sicher gewünscht – oder?
Wie mich eure Arroganz ankotzt!
Ein Video schlafender Künstler zeigt, wie menschlich die Künstler sind und wie anstrendend ihr Dasein. Wenn das mal kein Witz auf Kosten der Besucher ist. Dann stellt doch gleich die Körperausscheidungen der Künstler aus oder noch besser: verkauft sie!
Wie mich eure Interdisziplinarität ankotzt!
Verständlich: jeder will gern Künstler sein und Kunst ist ja auch wirklich nur schwer abzugrenzen. Aber weite Ausstellungsareale waren Politpropaganda, widmeten sich umweltwisschenschaftlichen Aspekten, der Historiographie oder sonst was. Der Schwerpunkt lag da so weit weg von der Kunst, dass die Werke schwerlich auf eine Kunstausstellung gehören.
Und nein: eine Mindmap ist kein Kunstwerk und der Prozess in dem sie entsteht ist kein künstlerischer Prozess. Eine Mindmap und ihre Herstellung sind im besten Fall – aber wahrhaftig nicht immer! – eine Kreativtechnik auf dem Niveau eines Bastelworkshop oder einer Managementseminars.
Wie mich eure selbstgerechten Unterdrückungsphantasien ankotzen!
Da wird auf Miniplakaten die Geschichte eines Bildersturms beschrieben, der Zerstörung eines Kunstwerks. Gerechtfertigt wird das damit, dass ein Person of Color ohne ihr Wissen dargestellt wurde. Im Anschluss an die Kunstvernichtung wird ein Kunstmanifest verkündet, welches diesen Akt der Selbstermächtigung feiert und zu weitern Zerstörungen aufruft. Nun, wer meint, Zerstören zu dürfen, was in seinen Augen keine Kunst ist, der kann froh sein, wenn es seinen eigenen Kunstwerken nicht an den Kragen geht. Was wäre passiert, wenn ich die pinkfarbenen Banner von der Decke gerissen hätte?
Wie mich eure Verantwortungslosigkeit ankotzt!
Sich ins Kollektiv wegducken und keine Verantwortung fürs eigene Schaffen übernehmen, das nennt ihr Kunst? Man kanns auch Feigheit nennen.
Wie mich eure Feindseligkeit gegenüber dem Individuum ankotzt!
Ein Michelangelo hätte auf der d15 keinen Platz gefunden. Kein Picasso, kein Dali, keine Abramovic. Nur weil man selbst nicht das Format hat, werden solche Künstlerpersonen ausgegrenzt, deklassiert? Echt jetzt? Und wer in den Kollektiven mitarbeitet, der verschwindet in dieser amorphen Masse? Warum eigentlich? Warum nennt man die Mitglieder der Kollektive nicht?
Wie mich eure Ikeaisierung der Kunst ankotzt!
Klar, in Zeiten, in denen man unfertige Möbel nachhause schleppt, um sie dort mehr schlecht als recht fertig zu stellen, in Zeiten in denen Kunden eingespannt werden für die Fertigstellung der Produkte, die sie kaufen wollen, in solchen Zeiten kann man die Besucher einer Kunstausstellung auch dazu aufrufen, die Kunst selbst fertig zu stellen. Wenn dann nix dabei raus kommt, tja, wer ist dann schuld? Die Besucher.
Zum Glück
gab es ein paar Ausrutscher, die nicht ins Gesamtkonzept der d15 gepasst haben. Exponate und Räume die sehenswert und den Besuch wert waren. Die Exponate der Gruppe Atis Rezistans Ghetto Biennale aus Haiti in St. Kunigundis, die AR-Skulptur von FAFSWAG aus Neuseeland im Landesmuseum, die Fellskulpturen von Fadi Aljabour und die kraftvoll, sicheren Gemälde von Nino Bullings in der Hafenstraße 76 und noch eine Hand voll mehr.