Nochmal Clemens J. Setz. Diesmal nicht mit Erzählungen, sondern einem voluminösen 1000seitigen Roman. Worum gehts? Junge Frau hat ihre Ausbildung abgeschlossen und arbeitet in einem Heim für Psychos.
Dort wird sie zum „Bezugi“ für einem Rollstuhlfahrer, der in der Psychiatrie gelandet ist, weil er einen Mann so lange stalkte, bis dessen Ehefrau sich umbrachte. Der Witwer besucht seinen Stalker regelmäßig. Die junge Frau findet das seltsam und stalkt den Witwer. Worauf hin dieser sie stalkt. Und dann ist da noch der Kerl, der sich in sie verliebt hat … und sie stalkt.
Die psychische Gesundheit der jungen Frau zerbröckelt zusehens. Und in der Buchmitte hat sie die Bodenhaftung komplett verloren, droht jeglichen Bezug zum realen Leben zu verlieren. Gerade wie eine Rakete im Parabelflug. Aber, dann beginnt ja der zweite Teil des Buches und der Parabel. Am besten selbst lesen, was dann passiert!
Die Geschichte kann kein gutes Ende finden. So viel sei verraten. Und viel ist damit nicht verraten.
Was das Buch neben seiner spannenden Handlung auch noch spannend macht, ist die konsequente Verortung der Hauptperson in der IT-Ära. Dass sie ihren Kater „Chat“ nennt, ist eher ein Witz am Rande. Tatsächlich konstituiert sich ihre Person in der Welt der modernen IT-gestützten Kommunikation. So konsequent und überzeugend wie bei Setz hab ich das noch nirgendwo gelesen.
Ich möchte dringend zur Lektüre dieses Buches raten, das bei mir nicht nur die Chance hat das beste Buch des Jahres zu werden, sondern auch auf meine Bestzeliste dieses Jahrzehnt gehört. Vorab noch eine Warnung für prüde Gemüter: auf den ersten paar hundert Seiten gibt heftige Sexpassagen. Das lässt dann aber nach … 🙂