Marcel Beyer: Spione
Wie erzählt man die Familiengeschichte, wenn Großeltern und Eltern schweigen? Marcel Beyer wagt den Versuch. Seine jugendlichen Protagonisten – drei Geschwister und ein Neffe – haben nur ein Familienalbum als Grundlage und darin fehlen sogar ein paar Bilder. Sie rekonstruieren, phantasieren, was Großvater im Krieg wohl gemacht hat, wie er Großmutter kennen lernte und warum diese verschwand.
Dieser im Nazideutschland angesiedelt Erzählstrang wird parallel geführt mit dem deutschen Herbst und dem wenigen, was die Kinder davon erfahren. Es sind vor allem die in den Zeitungen abgedruckten Bilder – ein zerschossener PKW auf einer Kreuzung, eine Geisel mit einem Schild vor der Brust -, welche die Bevölkerung mit denen „Informationen“ versorgen. Wieder einmal Bilder.
Die Geschichte, ihre verschiedenen Stränge, bilden ein Geflecht, in dem sich die Kinder verwirren, von dem sie drohen erstickt zu werden. Und so wundert es nicht, wenn eines Tages unter dem Hügel auf dem sie wohnen ein riesiges Pilzgeflecht entdeckt wird, dessen giftigen Ausdünstungen die Bevölkerung gefährden. Ein sehr schönes Bild für die nicht aufgearbeitete Vergangenheit, die für die Gegenwart gefährlich wird.
Das Buch ist extrem gelungen, das Lesen aber anstrengend. Geschichtsbewältigung ist nun einmal schwierig.
Thomas Melle: Die Werl im Rücken
Ein Künstler mit bipolarer Störung schreibt eine Autobiographie. Schwere Kost. Wunderbare Beschreibungen. Erschreckende Beschreibungen. Bedrückend, wie ausweglos die Krankheit ist, wie gnadenlos sie den Patienten zerstört. Lesenswert? Ja, aber Achtung: der Text hält vielen Lesern auch einen Spiegel vor: dir gehts auch manchmal so, gibs doch zu!
Haruki Murakami: Die unheimliche Bibliothek
Ein schmales Bändchen mit sehr schöne düsteren Illustrationen. Es lässt sich in einer halben Stunde lesen und lässt mich ratlos zurück. Eine Art Traum?