Dezember-Auslese

 

  • Für den Lesekreis: Thomas Mann: Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull
    Ich versteh ja schon, dass der Kerl den Literaturnobelpreis bekommen hat. Hat sich ja schon echt Mühe gegeben mit dem Schreiben. Aber: die Lektüre ist ermüdend und letztlich die Lesearbeit nicht wert. Querlesen reicht aus und geht bei dem Text auch ganz prima – ohne Verlust an Inhalt oder Tiefe. Ey, Mann, der Humor ist derart spießbürgerlich! Heinz Erhard fällt mir dazu ein, aber selbst der ist noch anarchischer und frischer als Thomas Mann. Ich seh sie vor mir, die verklemmten Deutschen, die sich gar nicht mehr einkriegen bei den angedeuteten Amouren des Hochstaplers, die auch gern Männer von Welt und nicht nur von der Amtstube wären. Ach ja, die Homoerotik, tss, tss, tss. Und wie sich die Bildungsbürger beömmeln können, wenn er Schwesterchen Olympia mit dem Kosenamen Lympchen belegt. Gähn. Richtig gut gefallen hat mir, dass das Werk Fragment blieb. Man stelle sich nur vor, er hätte wirklich, wie angedroht, noch  mehrere Teile geschrieben. So erfreut man sich an den Bäumen, denen erspart blieb, damit bedruckt zu werden und geifert hämisch,  dass der Herr Nobelpreisträger sich mit dem Projekt überhoben hat. Hähä …
  • Wolfgang Schorlau: „Am zwölften Tag“. Irgendwer hat den Bäbber „Krimi des Monats“ drauf geklebt. Nach welchem Kriterium? Egal, hat den Bäbber auf jeden Fall verdient, denn es handelt sich um einen echten Schorlau: Stuttgarter Lokalkolorit (ohne Schwabentümelei, aufgepeppt mit ein wenig Barcelona und kontrastiert mit norddeutschem Plattland); ein Ermittler, der immer ein wenig ungebildeter ist, als der Leser (schafft ein gutes Lesegefühl); Suspense (durch die verschiedenen Schauplätze weiß man als Leser immer ein wenig mehr als der Ermittler und möchte, wie im Kasperltheater schreien und auf die Gefahr und Fehler hinweisen); Suspense natürlich auch, weil den Protagonisten gar übel mitgespielt wird und man ihnen das nun gar nicht wünscht; eine ordentliche Konstruktion, die pfiffig aber nicht überfordernd ist; politisch-moralischer Anspruch und Verankerung im Hier und Jetzt (dran denken und konsequent handeln, wenn man in den nächsten Jahren einkaufen oder ins Restaurant geht!). Oder ganz einfach so gesagt: Lesen!