Für eine (Schrift-)Welt mit Leerzeichen

Schon mal versucht, eine lateinische Inschrift auf einem alten Stein zu entziffern? Wenns nicht am Latein scheitert, dann daran, dass der Steinmetz ohne Abstand und mit Abkürzungen gemeiselt hat.

Schon mal darüber nachgedacht, warum in Klöstern während des Essens die Bibel laut verlesen wurde? Weil nur bei lautem und hoch konzentriertem Lesen ein Entziffern der unendlichen Wortketten und ein sinnstiftender Vortrag möglich war.

Dann kam jemand auf eine geniale Idee: er erfand Nichts. Und brachte damit Sinn in die Welt. Durch ein Leerzeichen zwischen den Worten, durch das Einfügen des aller Sinnlosesten, wurde der Sinn dazwischen deutlich sichtbar. Textstrukturen klären sich durch das Einfügen einer Nichtstruktur.

Das Leerzeichen ist fürs Lesen etwa so bedeutend wie die Null fürs Rechnen. Es geht auch ohne, ist aber einen Qual und begrenzt. Ein Lob also auf den Erfinder des Leerzeichens. Und ein lauter Fluch auf Adidas und seine Werbekampagne:

nowiseverything_kleinWas will uns das sagen? „Now is everything“? Wohl kaum, denn wie sollte das „Jetzt“ denn „Alles“ sein können? Schon in Sekundenbruchteilen des Nachdenkens merkt man, dass die so gesetzten Leerzeichen keinen Sinn ergeben. Also kann die Lösung wohl nur heißen „No wise, very thing“. Höflich gesagt handelt es sich dabei um, nun ja, holperiges Englisch. Englischlehrer würden es sogar als falsch bezeichnen. Aber Adidas wollte wohl zum Ausdruck bringen, dass der Schuh kein Weiser ist, im Sinne von unklug oder wie der Volkmund sagen könnte „dummer Schuh“. Dafür ist der Schuh sehr Dinghaft. Nun, nichts anderes erwartet der Träger von einen Schuh. Denn nur die Idee eines Schuhs am Fuß, hilft beim Laufen kaum, höchstens bei  Gedankensprüngen.

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