Keine Ahnung, wie Poetikvorlesungen in Frankfurt sonst so sind. Die von Juli Zeh ist ein „Briefroman“: E-Mails, die sie an diverse Adressaten schickt (die Antworten ahnen wir nur aus ihren Texten), E-Mails, die zuerst ihre harsche Ablehnung der ihr angetragenen Poetikvorlesung beinhalten, die dann aber, nachdem sie überredet wurde, ihre Poetik beinhalten. Oder jedenfalls eine ganze Reihe von Überlegungen zum Schreiben. „Treideln“ nennt sie das Schreiben, also diesen Vorgang, an einer Last zu ziehen und sich damit abzumühen und langsam voran zu kommen und irgend wann am Ziel zu sein.
Kurzweilig wie selten ist sie da (ist ja auch ihr wohl kürzestes Buch, „Nullzeit“ ist glaub ich ein wenig länger, die anderen Schmöker sowieso). Richtig witzig ist sie – zum Beispiel ihr Kampf um eine Papiermülltonne oder die Auseinandersetzung mit ihrer Steuerberaterin. Aber auch politisch, biographisch, emotional, philosophisch. An einer Stelle (S. 189) schiebt sie Thomas Mann einen Aphorismus unter: „Ein Ereignis ist nicht das, was passiert, sondern was erzählt werden kann.“ Vielleicht sollte man diesen Satz im Hinterkopf haben, wenn man ihre autobiographischen oder sonstigen Bekenntnisse liest. Ein Buch, das auch inspiriert – sehr schön!