Nachdem der Soldat nun vor Jahren schon das Grammofon reparierte, befinden wir uns nach langer Wartezeit mit Stanisic‘ zweiten Roman vor dem Fest. Irgendwo in der Uckermark im Dorf Fürstenfeld. Das es so gibt oder jedenfalls geben könnte. Denn Stanisic beschreibt uns mit viel Liebe für sein Personal, was in dieser Gegend, von der wir doch sicher sind, dass sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, in der Nacht vor dem traditionellen Dorffest alles passiert, und dies tut er so überzeugend, dass man meint dabei zu sein.
Richtig sympathisch ist einem anfangs keine der Figuren, während der Lektüre gewöhnt man sich aber an sie, wie an die eigenen Nachbarn, die man ja auch nicht uneingeschränkt mögen muss. Skurril ist es schon, was in diesem Dorf so alles lebt, doch hat man nicht das Gefühl, dass der Autor mit Klischees arbeitet, sondern einfach mit dem, was man in der deutschen Provinz, der ostdeutschen zumal, geboten bekommt.
Allein das wäre schon lesenwert. Aber zwei Kniffe bringt der Autor in seinen Text und erhebt ihn damit in den deutschen Literaturhimmel – jedenfalls meiner Meinung nach. Da ist die Fähe, die Füchsin, die durch die Nacht streift und nicht etwa die Hühner holen will, sondern deren Eier. Als lebensspendene Nahrung für ihren Wurf. Die Passagen mit der Fähe sind anrührend, spannend und witzig.
Zum anderen ist da der Erzählstrang weit zurück in der Geschichte des Dorfes. Vergangenheit und Gegenwart sind verbunden durch überhistorische Konstanten: Graf Popo von Blankenburg, der seit Urzeiten über das Dorf und seine Umgebung herrscht und auch jetzt noch nicht nur das größte Anwesen, sondern auch einen zukünftsträchtigen Landmaschinenhandel hat. Und seine Widersacher, der kleine Dicke und der lange Dünne, die seiner Verfolgung immer wieder entkommen und die auch jetzt – vor dem Fest – durch die Nacht geistern: rappend und reimend. Wer es kennt, denkt an Bulgakov und den „Meister und Margarita“.
Was also hat man nun mit diesem Buch vor sich liegen? Ein Zeit- und Dorfgeschichte aus der Uckermark mit einem angenehmen Schuß Metaphysik, mit Witz und Spannung. Auf jeden Fall ein Buch, dass den deutsche Buchpreis verdient hat!